Stahl kontra Aluminium in der Fahrradherstellung, was ist besser?

Ökologische Kriterien

Rohstoffabbau

Das Aluminiumerz BAUXIT wird im Tagebau abgebaut, d.h. zunächst werden vorhandener Bewuchs und Humus an der Abbaustelle weggeschafft, um an die darunter liegende drei bis zehn Meter starke Erzschicht zu gelangen. Diese wird abgeschürft. Zurück bleibt eine flächige Grube, für lange Zeit eine tote Wüste, die im Idealfall wieder mit dem alten Humus abgedeckt und rekultiviert wird.

Da ein großer Teil des Erzes aus brasilianischem Urwald stammt, handelt es sich dabei um eine sehr sensible Region. Nach Angabe des Gesamtverbandes der deutschen Aluminiumindustrie beträgt der jährliche Verlust an Tropenwald nur etwa 4 km2, was im Vergleich der 140.000 km2, die jährlich durch Land- und Forstwirtschaft verloren gehen, nicht viel sei. Der Verband stützt sich dabei auf eine Studie im Auftrag von Greenpeace.

Transport

Das BAUXIT wird per Schiff um die halbe Welt gefahren. Bis zum und vom Hafen jedoch mit einer Großzahl von Lastwagen und Waggons. Bis aus BAUXIT z.B. ein Lenker an einem Fahrrad geworden ist, hat das Aluminium evtl. einige Male die Welt umkreist. Im theoretisch schlimmsten Fall als Erz von Brasilien nach Skandinavien zur Aluminiumhütte, dann nach Taiwan zum Rohrfabrikanten, von dort in die USA zum Lenkerhersteller und wieder nach Taiwan zum Montagebetrieb, von dort über die USA wieder nach Europa.

So weit wie Ihr Lenker reisen Sie ihr Leben nicht. Hoffentlich wissen Sie das zu schätzen. Zugegeben, etwas hypothetisch und konstruiert ist der Reiseweg schon, aber nicht völlig unwahrscheinlich. Realistisch gesehen unterbleibt ein Weg von Taiwan in die USA. Aber 30-40.000 km schafft ein Fahrradlenker immer. (Das entspricht dem Erdumfang!)

Herstellung

Schadstoffe bei der Aluminiumherstellung sind Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid und das Giftgas Fluorwasserstoff. Diese Schadstoffe werden in modernen Aluminiumwerken teilweise herausgefiltert. Jedoch befinden sich nicht alle Aluminiumhersteller in Deutschland, sondern meistens am Abbauort, wo die Umweltauflagen nicht so streng sind.

Außerdem sollte man auf die Menge des "Treibhausgases" CO2 achten, welches in den Kraftwerken zur Bereitstellung der großen Menge elektrischer Energie in unsere Umwelt ausgestoßen wird: rein rechnerisch (je nach Energiequelle) sind das 3 bis 10 Tonnen CO2 pro Aluminiumtonne!!!.

Selbst wenn Aluminiumschrott zu Sekundäraluminium aufbereitet wird, ist die Ausstoßmenge an Schadstoffen leider extrem hoch, da der Schrott (z.B. Alu-Fahrradrahmen) vorher mit intensiven Lösungsmitteln gereinigt werden muss. Um dann das "saubere" Aluminium aufzubereiten, bleibt nach der Schmelze eine umweltschädliche Salzmischung übrig. Diese enthält Kochsalz, Kaliumchlorid, Aluminiumoxide, Karbide, Fluoride, Sulfide, Nitride, Phosphide und Chloride. Auch falls das Schmelzsalz neu aufbereitet und öfter wieder benutzt wird, ist seine Zusammensetzung keinesfalls unbedenklich. Nach den Angaben der deutschen Aluminiumindustrie fallen jährlich 300.000 t Salzschlacke an, also 0,5 t je Tonne Sekundäraluminium! Die Menge an benötigter Salzschlacke hängt auch vom Grad der Verunreinigung des Schrottes ab.

Energieverbrauch

Der Primärenergieverbrauch zur Herstellung von Aluminium ist sehr unterschiedlich; je nachdem, wie es bearbeitet und wie die Herstellungsenergie erzeugt wird. Oft wird ein Fertigprodukt schon aus der Schmelze gegossen, z.B. Fahrradgepäckträger aus Druckguss.

Getränkedosen, Schutzbleche, Treppenprofile und Folien, eben dünne Bleche, erfordern in der Aluminiumproduktion insgesamt ca. drei mal mehr Energie als z.B. die Herstellung von Stahl, denn gegossene Aluminiumbarren müssen vorerst mit hohem Energieaufwand zu Profilen (z.B. Aluminiumfelgen) gepresst oder zu Blechen gewalzt werden (übrigens eine Arbeit ehemaliger DDR-Häftlinge der Strafvollzugsanstalt Bitterfeld unter extrem gesundheitsschädlichen und unmenschlichen Bedingungen).

Wir können heute von einem Energieverbrauch von 200-300 MJ pro kg Aluminiumprodukt ausgehen. Das ist immerhin die Energie von 4-5 Litern Heizöl pro kg Aluminium!

Entsorgung (Recycling)

Wenn Sekundäraluminium bearbeitet wurde, weist es fast dieselben Eigenschaften wie Primäraluminium gleicher Legierung auf. Der Gesamtaluminiumverbrauch in Deutschland beinhaltet sogar ca. 30% Sekundäraluminium. Immerhin, aber nur in Deutschland! Das Problem bleibt aber auch hier beim Energieverbrauch. Die Benutzung z.B. von Aluminiumfolie bleibt aus diesen Gründen allergrößte Verschwendung, da es sich hier um ein Wegwerfprodukt handelt.

Vielleicht schneidet ein Aluminiumprodukt gegenüber anderen Werkstoffen nicht unbedingt schlechter ab, aber nur wenn eine höhere Leistung des Aluminiumprodukts und eine höhere Lebensdauer gewährleistet sind (z.B. Aluminiumhohlkammerfelgen am Fahrrad).

Fazit

Ein "Aluminiumfahrrad" sollte so lange wie es fährt und sicher ist, benutzt - und nicht schon nach vier Jahren und aus Trendgründen - ausgetauscht werden. Und falls es dann doch spröde, irreparabel, unansehnlich und müde (z.B. durch korrosive Einflüsse) wie die Aluminiumfolie geworden ist, wäre ein Stahlrahmen-Fahrrad aus umweltpolitischen und Haltbarkeitsgründen vielleicht doch die bessere Wahl?

Text: U. Triepel,
Quelle: vgl. U.Lippmann, Berufsbildungsforum Berlin/Materialkunde